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Themen & Trends

Aktuelle Entscheidungen

Unwirksamkeit einer umfassenden arbeitsvertraglichen Vertraulichkeitsklausel – BAG, Urteil vom 17.10.2024 – 8 AZR 172/23

Eine formularmäßig vereinbarte Vertragsklausel, die den Arbeitnehmer bezüglich aller internen Vorgänge beim Arbeitgeber über das Ende des Arbeitsverhältnisses hinaus zeitlich unbegrenzt zum Stillschweigen verpflichtet (sog. Catch-all-Klausel), benachteiligt den Arbeitnehmer unangemessen und ist deshalb unwirksam.

Entschädigungsanspruch nach § 15 Abs. 2 AGG – Einwand des Rechtsmissbrauchs – BAG vom 19.09.2024 – 8 AZR 21/24

Das Verlangen eines erfolglosen Bewerbers auf Zahlung einer Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG kann dem durchgreifenden Rechtsmissbrauchseinwand (§ 242 BGB) ausgesetzt sein. Rechtsmissbrauch ist anzunehmen, wenn sich aufgrund einer Würdigung aller Umstände des Einzelfalls ergibt, dass der Bewerber sich nicht beworben hat, um die ausgeschriebene Stelle zu erhalten, sondern es ihm darum ging, nur den formalen Status als Bewerber im Sinne des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes mit dem ausschließlichen Ziel, Ansprüche auf Entschädigung geltend machen zu können. 

Befristung eines Arbeitsverhältnisses durch gerichtlichen Vergleich – LAG Niedersachen 10.09.2024 – 10 Sa 818/23

„Ein Sachgrund zur Befristung durch Abschluss eines gerichtlichen Vergleichs im Sinne von § 14 Abs. 1 S. 2 Nr. 8 TzBfG ist nicht nur gegeben, wenn der Vergleich auf Vorschlag des Gerichts zustande kommt. Es genügt auch ein gerichtlicher Vergleich im Sinne von § 278 Abs. 6 ZPO, der auf übereinstimmenden Vorschlag der Parteien geschlossen wird.“

Zuschlag aus einem Sozialplan wegen Schwerbehinderung, LAG Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 25.06.2024 – 2 Sa 163/23

Ein Verstoß gegen den Gleichheitssatz liegt nicht vor, wenn bei der Aufstellung eines Sozialplans wegen Betriebsstilllegung Sonderabfindungen nur für solche schwerbehinderte Arbeitnehmer vorgesehen sind, deren Schwerbehinderteneigenschaft zu dieser Zeit feststeht. Es ist den Betriebspartnern gestattet, bei der Aufstellung eines Sozialplans den Kreis der Schwerbehinderten, denen sie Sonderleistungen zukommen lassen wollen, anders abzugrenzen als dies nach dem Schwerbehindertengesetz der Fall ist, sofern diese andere Abgrenzung nicht willkürlich ist.

Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall, Beweiswert ärztlicher AU-Bescheinigungen – BAG, Urteil vom 21.08.2024 – 5 AZR 248/23

Besteht zwischen der in Kenntnis einer – ggf. noch bevorstehenden – Kündigung bescheinigten Arbeitsunfähigkeit und der Kündigungsfrist zeitliche Koinzidenz, ist dies auffallend und ungewöhnlich und damit im Regelfall geeignet, den Beweiswert entsprechender AU-Bescheinigungen zu erschüttern.

Schadensersatz wegen verspäteter Zielvorgabe – LAG Köln, 06.02.2024 – 4 Sa 390/23:

„Eine Zielvorgabe, die so spät im maßgeblichen Geschäftsjahr erfolgt, dass sie ihre Anreizfunktion nicht mehr erfüllen kann, ist so zu behandeln, als hätte es überhaupt keine Zielvorgabe gegeben. Ein so später Zeitpunkt ist anzunehmen, wenn bereits drei Viertel des Geschäftsjahres abgelaufen ist. Bei einer fehlenden Zielvereinbarung ist eine variable Vergütung im Umfang von 100 % zu zahlen.“

Befristung des Arbeitsvertrages bedarf eines sachlichen Grundes – LAG Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 20.08.2024 – 2 SLa 19/24

Der Sachgrund des vorübergehenden Mehrbedarfs setzt voraus, dass zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses mit hinreichender Sicherheit zu erwarten ist, dass nach dem vorgesehenen Vertragsende für die Beschäftigung des befristet eingestellten Arbeitnehmers kein dauerhafter betrieblicher Bedarf mehr besteht.

Haltlose Anschuldigungen gegenüber anderen Beschäftigten – LAG Mecklenburg-Vorpommern, 10.09.2024 – 5 Sa 86/23

Die Erhebung und/oder Verbreitung haltloser Anschuldigungen gegenüber anderen Beschäftigten, insbesondere der grundlose Vorwurf eines strafrechtlich relevanten Verhaltens, kann nach vorangegangener einschlägiger Abmahnung eine ordentliche verhaltensbedingte Kündigung rechtfertigen.

Verwertung von ehrverletzenden Äußerungen in einer privaten W…App-Chatgruppe – LAG Niedersachsen, Urteil vom 30.09.2024 – 15 Sa 787/23

Ehrverletzende Äußerungen über den Arbeitgeber oder Kollegen in einem privaten W… App-Chat können geeignet sein, eine außerordentliche Kündigung zu rechtfertigen, wenn die Voraussetzungen für eine berechtigte Vertraulichkeitserwartung des Äußernden nicht vorliegen. 

Vertragliche Vereinbarung des Wegfalls von Prämien im Falle einer Freistellung – ArbG Aachen, Urteil vom 19.11.2024 – 8 Ca 3230/23

Der mit einem Cheftrainer im Profifußball vertraglich vereinbarte Wegfall von Punkt-, Zuschauerschnitts-, Aufstiegs- und Pokalgewinnprämien im Falle einer Freistellung ist wegen Verstoßes gegen § 308 Nr. 4 BGB unwirksam, wenn entweder der Anteil der wegfallenden Prämie an der Gesamtvergütung mehr als 25 % betragen kann oder der Wegfall bei jeder Freistellung auch ohne Sachgrund erfolgen soll. Voraussetzung ist, dass eine solche vertragliche Vereinbarung eine allgemeine Geschäftsbedingung gemäß §§ 305 ff. BGB ist und sie weder durch den Arbeitnehmer eingeführt wurde (§ 310 Abs. 3 Nr.1 BGB) noch zwischen den Parteien im Einzelnen ausgehandelt (§ 305 Abs. 1 S. 3 BGB) wurde. 

Gesamtbild der Arbeitsleistung entscheidet über Zuordnung als abhängige Beschäftigung oder selbstständige Tätigkeit – LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 4.7.2024 – L 9 BA 8/22

Bei einem Ingenieur, der für ein Ingenieurbüro projektbezogen hochspezialisierte Leistungen der Fassadenplanung erbringt und weder nennenswert in die Arbeitsorganisation des Büros eingegliedert ist noch Weisungen des Büros unterliegt, ist von einer selbständigen Tätigkeit auszugehen, auch wenn dieser über mehrere Jahre kontinuierlich Leistungen für das Büro erbringt und dafür eine regelmäßige erhebliche Vergütung nach aufgewendeten Stunden erhält.

Vergütung von Reisezeiten bei Auslandsentsendung – BAG, Urteil vom 17.10.2018 – 5 AZR 553/17

Entsendet der Arbeitgeber einen Arbeitnehmer vorübergehend ins Ausland, erfolgen die Reisen zur auswärtigen Arbeitsstelle und von dort zurück ausschließlich im Interesse des Arbeitgebers und sind deshalb in der Regel wie Arbeit zu vergüten.


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